Es geht mich was an

Seit Oktober 2013 sind nach und nach drei syrische Flüchtlingsfamilien als Asylsuchende in Mosbach eingezogen. Eine Familie kam mit fünf Kindern auf einem Flüchtlingsboot über das Mittelmeer auf die italienische Insel Lampedusa, die anderen beiden schafften es, unter Aufgabe all ihres Hab und Guts auf anderen Wegen auszureisen. Alle drei Familien stammen aus bürgerlichen Verhältnissen und verließen ihre Heimat aus Angst um ihr Leben, zumal die eine christliche Familie mit zwei Kindern, die allein schon aus Glaubensgründen in Gefahr war. In allen drei Familien spricht zumindest jeweils ein Erwachsener etwas Englisch, sodass eine einfache Kommunikation möglich ist.
Für die Flüchtlinge hatte bereits Frau Michala Ascenzi aus Mosbach seit deren Ankunft viel Unterstützung organisiert. Hier in Schaafheim wurde man zuerst deutlich darauf aufmerksam, als Ingrid Jakob, Küsterin der evangelischen Kirche in Mosbach, nach Möbeln, Lampen und Hausrat für diese Familien fragte. Wie kam Ingrid Jakob dazu?
Durch Kontakt über den Hausmeister des Schaafheimer Gemeindehauses, Armin Kniesz, wurden Ingrid Jakob und Pfarrer Stefan Thomanek zu einem Besuch bei einer der Familien eingeladen. „Durch den Besuch war ich nicht mehr fremd, und wenn ich nicht mehr fremd bin, geht’s mich was an“, begründet Ingrid Jakob ihr Engagement für die Flüchtlinge. Mittlerweile sind die Familien einigermaßen ausgestattet, die siebenköpfige Familie konnte sogar aus der Asylunterkunft im Kommendehaus in eine private Wohnung umziehen, moslemische Glaubensbrüder haben ihr dazu verholfen.
Für alle Familien ist aber nach wie vor Unterstützung im Alltag nötig: Begleitung bei Behördengängen, Hilfe beim Kennenlernen hier üblicher Lebensmittel und überhaupt zu erkennen, was in den Verpackungen ist – schließlich kennen einige von ihnen ja nicht unsere Schriftzeichen. Wege kennenlernen und bei vielen Kleinigkeiten, die für Menschen in ihrer Heimat alltäglich und selbstverständlich sind, benötigen sie Hilfe. Ein Integrationswille ist bei den Familien vorhanden: sie nehmen an Deutschkursen teil, die schulpflichtigen Kinder gehen zur Schule, ein Kind erhält zusätzlich kostenlosen Englischunterricht, auch mit dem Kindergartenbesuch hat es inzwischen geklappt, nachdem sich andere Mosbacher Bürger engagiert für die Asylanten eingesetzt hatten. Die christliche Familie wird auch eng von der syrisch-orthodoxen Gemeinde in Großostheim unterstützt. Sie hat eine Ausnahmegenehmigung, das Bundesland Hessen zu verlassen, um dort an den Gemeindeveranstaltungen teilzunehmen.

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Wie sieht nun das allgemeine Leben in Mosbach aus? Im April machten die Familien mit Ingrid Jakob und Pfarrer Christoph Baumann einen Ausflug ins darmstädter Vivarium, einfach um sich persönlich in ungezwungener Umgebung näher zu kommen. Im Juni fand im Garten der evangelischen Kirche in Mosbach ein „internationales Picknick“ statt. Sowohl die Flüchtlingsfamilien als auch die Gäste steuerten Speisen dazu bei. Das war eine Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen, und wenn es nur darum ging, die Rezepte der unterschiedlichen Speisen gegenseitig zu erklären. Diese Gelegenheit nutzten zahlreiche Mosbacher und Schaafheimer Bürger. Für syrische und deutsche Kinder war es eine Gelegenheit, ungezwungen miteinander zu spielen, damit wurden Berührungsängste auf beiden Seiten abgebaut. „Gerade aus der Nachbarschaft des Kommendehauses waren viele Menschen gekommen“, stellte Ingrid Jakob fest. Für sie ein Beweis dafür, dass die Familien in Mosbach Akzeptanz gefunden haben.
Mit Zuversicht und Hoffnung leben sie nun dort, obwohl über ihnen das Damoklesschwert der Nicht-Anerkennung der Asylanträge und damit der Abschiebung schwebt.
BERICHT UND FOTO: E. MEYER

 

Quelle: Evangelischen K!rchenZe!tung Schaafheim (Ausgabe 52/ August 2014)